Schönste Niederlage in der Vereinsgeschichte...
Düsseldorf gewinnt einmal mehr und Hilpoltstein feiert - Underdog aus Mittelfranken sorgt beim Final Four für Heimspielatmosphäre...
HILPOLTSTEIN - Großartiges Tischtennis, eine spektakuläre Inszenierung, ein souveräner Rekordsieger und ein Außenseiter, der beim Final-Four am Sonntag in Neu-Ulm in erster Linie für typische Pokalatmosphäre verantwortlich zeichnete.
Für die Schlagzeilen des Tages sorgte neben den in „Heimspielstärke“ angereisten Anhängern des Hilpoltsteiner Zweitligateams, die in ihren schwarzgelben Fan-Shirts und Schals das Bild in der Ratiopharm-Arena prägten, vor allem Timo Boll. Der einst beste Tischtennisspieler der Welt, der mit seinen 35 Jahren immer noch zu den Top 12 der Weltrangliste zählt, gewann am Sonntag bereits zum zehnten Mal die Pokal-Trophäe. Damit zog er mit dem heutigen Bundestrainer Jörg Roßkopf gleich. Zudem führte Boll mit Borussia Düsseldorf den ersten Verein in der 60-jährigen Historie des Wettbewerbs zum fünften Pokaltriumph in Serie und zugleich zum 25. Pokalsieg insgesamt. Jürgen Rosskopf und Steffen Fetzner, die Doppelweltmeister des Jahres 1989, überzeugten sich ebenfalls vor Ort von der Dominanz der Rheinländer.
Für den TV Hilpoltstein beziehungsweise für Alexander Flemming lag im Halbfinale gegen den deutschen Rekordmeister der Ehrenpunkt durchaus im Bereich des Möglichen. Borussia-Neuzugang Kristian Karlsson wackelte bedenklich, als Fleming phasenweise sein bestes Tischtennis zeigte. Der Schwede fiel aber nicht. Wie er sich ins Match zurückkämpfte, rechtfertigte dann durchaus seinen 24. Platz in der Weltrangliste. Der Österreicher Stefan Fegerl, auf Rang 26 in dieser Liste, kam gegen Petr David ebenfalls in Schwierigkeiten. Wenn auch nur kurzzeitig. Eine Stunde später lieferte sich der Österreicher im Finale mit dem Serben Slobodan Grujic das wohl spektakulärste Spiel des Turniers. Übrigens: Vom Hilpoltsteiner Trio ist in der Weltrangliste nur Petr David aufgeführt. „So um Platz 250 herum“, schätzt Teamchef Bernd Beringer.
Während Karlsson und Fegerl am Tischtennistisch durchaus auch einmal Emotionen zeigten, spulte „Anführer“ Timo Boll sein Pensum in stoischer Ruhe herab. Dennoch verriet er in beinahe jeder Situation seine Sonderklasse. Nico Christ und Patrick Baum bekamen es zu verspüren. Den dreifachen bayerischen Meister aus Hilpoltstein richtete die „schwarz-gelbe Wand“ aber schnell wieder auf. Diese offensichtliche Liebesbeziehung zwischen Fans und Spieler funktioniert nämlich nicht nur an guten Tagen. Wobei am Sonntag niemand auch nur im entferntesten auf den Gedanken kam, den Verlierern mit gelb-schwarzen Dress gram zu sein.
Im Gegenteil: Der um Superlativen nie verlegene Hilpoltsteiner Teamchef Bernd Beringer sprach im Interview mit dem Bayerischen Fernsehen von der „schönsten Niederlage in der Vereinsgeschichte“. Und traf damit wieder einmal den Nagel auf den Kopf.
Die mitgereisten Fans, die früh aufstehen und insgesamt fünf Stunden (gut versorgt mit Getränken) in einem der vier Busse verbringen mussten, dachten allesamt wie Bürgermeister Markus Mahl. Neu-Ulm war eine Reise wert und wer nicht dabei sein konnte, hat etwas versäumt. Das letzte „Hip-Hip-Hurra“ galt am Abend den vier Busfahrern, die die große TV-Familie sicher durch das winterliche Bayern gesteuert hatten. Für Oskar, den Lenker des Führungsfahrzeuges, war bei der Heimfahrt die trotz der Niederlage aufgeräumte Stimmung im Bus nichts Neues. Er kutschiert nämlich regelmäßig Fans zu den Auswärtsspielen des Clubs. In drei Wochen geht es nach Heidenheim.
HANS PÜHN - Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung