Der Supertag des Alexander Flemming
LEIPZIG - Die Deutschen Meisterschaften waren der bisherige Höhepunkt der Karriere des Leipzigers Alexander Flemming. Der Tischtennisspieler holte sich mit seinem Partner Jörg Schlichter in Bielefeld sensationell den Titel im Männer-Doppel.
Dieser Erfolg war nicht der einzige Höhepunkt für den Sachsen, der seit einem halben Jahr für den 1. FC Saarbrücken in der 2. Bundesliga aktiv ist. Im Einzel-Achtelfinale bekam der 21-Jährige den Europameister und Weltranglistenvierten Timo Boll zugelost. „Ich war wahnsinnig aufgeregt vor diesem Spiel und hatte weiche Knie. Der Boll ist ein netter Typ, der lässt einen mitspielen. Wir haben sogar manchmal gelacht in diesem Match, in dem ich chancenlos war“, beschreibt Flemming die Partie. „Ich habe mich auch nicht über die Auslosung geärgert. Es war klar, dass ich mich auf das Doppel konzentriere.“
Was sich ausgezahlt hat. Auf dem Weg zum Gipfel hatten Flemming/Schlichter bereits im Viertelfinale ihr erstes Highlight. Die Saarbrücker Außenseiter besiegten die Ex-Weltmeister Jörg Roßkopf/Steffen Fetzner souverän mit 4-0. Flemming bewertete jedoch den Triumph gegen dieses legendäre Duo nicht über, weil Fetzner und Roßkopf den Zenit ihrer Laufbahn schon lange überschritten haben. Immerhin ist der 39-jährige Roßkopf noch in der Bundesliga beim TTC Jülich aktiv. Fetzner (40) arbeitet in Doha seit 2 Jahren als Trainer.
Flemmings Partner Schlichter sprach nach Rang eins im nationalen Championat scherzhaft sogar von 2 Titeln. „Wir sind nicht nur deutsche Meister. Wir können uns nach dem Sieg über Roßkopf/Fetzner auch Weltmeister-Bezwinger nennen.“ Das Finale war eine spannende Angelegenheit. Das Saarbrücker Doppel gewann gegen das Erstliga-Duo Ruwen Filus/Steffen Mengel (Gönnern) mit 4:2 (7:11, 12:10, 9:11, 11:8, 12:10, 11:4).
„Wir wollten um eine Medaille kämpfen“, erklärt Flemming. Dieses Selbstbewusstsein resultiert aus den Leistungen in der zweiten Bundesliga, wo das Doppel regelmäßig auch auf starke Ausländer trifft. Dabei gewannen Flemming/Schlichter 13 von 16 Spielen. Für ihn ist das gute Verhältnis zu seinem Partner wichtig. „Auch wenn es schlecht läuft, ist keiner böse auf den anderen. Wir harmonieren richtig gut.“
Der Leipziger war nicht nur wegen seiner Freundin nach Saarbrücken gewechselt. Er wollte mit einem Spitzenteam um den Aufstieg in die erste Bundesliga kämpfen. Selbst in der höchsten deutschen Spielklasse aktiv zu sein, hielt er vor sechs Monaten noch für utopisch. Jetzt sieht er die Sache etwas anders. „Ich hoffe mit Saarbrücken auch in der Bundesliga spielen zu können, wenn wir aufsteigen“, sagt der Abiturient. Die Vereinsbosse haben ihm bereits ihre Zufriedenheit signalisiert. Um den Sprung nach oben zu schaffen, muss Tabellenführer Saarbrücken beim Verfolger Mühlhausen gewinnen.
Flemmings Eltern fehlen allerdings bei den Wettkämpfen ihres Sohnes. „Wir handhaben das schon immer so. Sie müssen nicht mitbekommen, wie ich mich gebe, wenn es mal nicht so läuft. Ich sehe im Nachwuchsbereich oft, wie unmöglich sich Mütter und Väter benehmen, obwohl ich das meinen Eltern nicht zutraue“, sagt der Junior. Mutter Christa sieht das locker: „Ich darf mich um alles kümmern, darf aber nicht zuschauen. Das ist in Ordnung. Wir unterstützen ihn natürlich und freuen uns riesig über seine Erfolge.“ Das Doppelfinale verfolgte sie im Live-Ticker. Vater Wolfram, der unterwegs war, wurde von der Gattin per Telefon ständig informiert.
Christa Flemming gönnt ihrem Sohn das Profi-Dasein. „Solange alles gut läuft, soll er sich ruhig auf seinen Sport konzentrieren. Er kann danach immer noch 30 Jahre arbeiten. Vielleicht klappt es dieses Jahr auch mit dem Studienplatz.“ Sie ist froh darüber, dass Filius trotz seines Profi-Engagements im fernen Saarbrücken oft bei Vater und Mutter in Leipzig-Schönefeld ist. An solchen Tagen trainiert Flemming mit seinen alten Teamkollegen vom Zweitligisten ITTC Sachsen Döbeln, die noch immer in einer alten Sporthalle in Eilenburg-Ost üben.
Bundestrainer Richard Prause hat inzwischen auch die Handy-Nummer des Leipzigers eingespeichert. „Wir brauchen solche Leute wie Flemming. Sie trainieren professionell, sind in der deutschen Rangliste auf den Plätzen 10 und 20 einzuordnen und können unsere Nationalspieler richtig fordern. Leider gibt es davon viel zu wenig.“
Für internationale Aufgaben fehlt Flemming noch einiges: „Alexander hat sich zwar ständig verbessert. Aber er muss seine Schlaghärte erhöhen, noch einige Jahre auf höchstem Niveau trainieren und natürlich Erfahrung sammeln.“ Was der Leipziger nur in Liga eins erreichen kann. Und dorthin steuert er mit dem 1. FC Saarbrücken.
NORBERT TÖPFER - Leipziger Volkszeitung
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